22.9.2016
Warum braucht man überhaupt so ein Visum? Und: Wenn du doch wusstest, dass Visa unterwegs nicht immer leicht zu organisieren sind - warum hast du sie dann nicht schon zu Hause beantragt? Und warum eigentlich nicht einfach über die Grüne Grenze gehen?
Die Spanne bei den Einreisebestimmungen in die Länder weltweit reicht für EU-Bürger von:
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Ein Visum ist die Erlaubnis, in ein bestimmtes Land für eine begrenzte Zeit einreisen zu dürfen. Visa werden generell auf den diplomatischen Vertretungen des Ziellandes ausgestellt (Botschaft oder Konsulat), mitunter auch direkt bei der Einreise an der Grenze bzw. am internationalen Flughafen. Ein Visum wird in den Reisepass gestempelt oder als ganzseitiger, fälschungssicherer Sticker eingeklebt.
"Visum" bedeutet im ursprünglichen Sinne, dass der Antragsteller "gesehen" wurde. Also etwa auf einer Vertretung des Ziellandes. Für einen längeren Aufenthalt in den USA (länger als drei Monate) ist es heute sogar erforderlich, vorab ein persönliches Gespräch auf einem US-Konsulat zu vereinbaren, bei dem man erklären muss, warum man die Vereinigten Staaten besuchen will.
Die üblichen Kosten für ein 30-Tage-Visum liegen zwischen 30 und 100 US$. Sehr teuer sind die Visa für z.B. Nigeria (300 US$), Angola (270 US$) und die Demokratische Republik Kongo (200 US$). Viele Staaten erlauben - gegen zusätzliche Kosten - eine Visumverlängerung im Lande (üblicherweise in Immigration Offices größerer Städte).
Der größte Visum-Coup meines Lebens: die Ausnahmegenehmigung, 15 Tage lang durch Saudi-Arabien zu radeln! (-> www.lemlem.de: "Das Visum")
Die meisten Visa haben zwei Fristen, die zu beachten sind:
und
Es gibt aber auch Visa, die ab dem Zeitpunkt der Ausstellung für eine befristete Zeit gültig sind (z.B. Indien - drei oder sechs Monate), und Visa, die für einen vorab genau anzugebenden Zeitraum ausgestellt werden (z.B. Usbekistan und Vietnam - 30 Tage).
Nicht selten verlangen die Behörden für die Ausstellung des Visums zwei freie gegenüberliegende Seiten im Reisepass - für den Visum-Sticker auf der einen Seite, den Ein- und den Ausreisestempel auf der anderen. Langzeitreisende sollten daher in Betracht ziehen, einen extradicken Pass zu beantragen. Er hat 48 statt 32 Seiten (ist in Deutschland verfügbar - ich weiß nicht, ob auch in Österreich, Liechtenstein und der Schweiz). Eine weitere Forderung der Konsulate ist meistens, dass der Reisepass über das Einreise- oder sogar das Ausreisedatum hinaus noch sechs Monate gültig ist.
Eine mehrere Kilometer lange Lastwagenschlange kündigt die kirgisisch-chinesische Grenze an.
Ein Visum hat - wie oben gesagt - nur eine begrenzte Gültigkeit. Daher kann man als Langzeitreisender nicht alle Visa schon vor der Abreise im Heimatland beantragen. Üblich war es immer schon, dass man unterwegs die diplomatischen Vertretungen der bevorstehenden Länder aufsuchte, um die notwendigen Visa zu beantragen. Seit ein paar Jahren hört man auf einigen Botschaften aber: "Wir stellen Visa nur für Einheimische aus." Konkret heißt das: Das angolanische Konsulat in Kapstadt bedient nur Südafrikaner, das in Harare nur Zimbabwer. Deutsche müssen in Berlin beantragen, Österreicher in Wien.
Immer mehr Ländervertretungen verhalten sich so. Ihr Fokus richtet sich auf den "normalen" Urlauber, der von zu Hause aus eine mehrwöchige Reise durch xy-Land plant und dementsprechend auch dort das Visum beantragen kann. Wenn mehr und mehr Länder diese Bestimmung einführen, ist das Langzeitreisen eines Tages nicht mehr möglich.
Solange nur einige wenige Ländervertretungen dem Durchreisenden die Visumausstellung verweigern, kann ein Zweitpass helfen (für deutsche Staatsbürger recht leicht zu bekommen). Man braucht dann eine Kontaktperson oder eine Visumagentur, die zu Hause das Visum zeitnah beantragt und den Pass danach auf einem sicheren Postweg (z.B. DHL oder Fedex) an den Reisenden schickt.
Weitere Knüppel werden den Langzeitreisenden zwischen die Beine geworfen, wenn Hin- und Rückflugtickets nachgewiesen werden müssen (die man ja als Überlandreisender nicht hat) oder Hotelbuchungen für den gesamten Aufenthalt im Land (z.B. Indien, China) vorgelegt werden sollen. Üblicherweise behilft man sich hier mit Scheinbuchungen, was allerdings zeitaufwendig ist, eventuell auch mit zusätzlichen Kosten verbunden.
Und warum nicht einfach über die Grüne Grenze gehen?
Es geistern Geschichten umher, dass Radler Länder illegal durchreist hätten. Dabei handelt es sich vermutlich immer wieder um die unerlaubten Reisen durch Tibet. Das war bis 2008 relativ leicht möglich, da es keine Grenze zwischen China und Tibet gibt und weil die gewöhnlichen Polizisten nicht wussten, dass individuelles Reisen durch Tibet verboten war. Nur die Posten der PSB (Public Security Bureau) musste man meiden. Reiseradler schlichen sich üblicherweise in der Nacht um sie herum, die Koordinaten konnte man im Internet finden. - Vor etwa zehn Jahren wurde Tibet auch für Einzelreisende geöffnet. Doch nach den tibetischen Protesten aus Anlass der Olympischen Spiele 2008 war diese große Freiheit zu Ende, und die Kontrollen wurden stark verschärft. Auch 2013 war Reisen durch Tibet nur in einer Gruppe möglich. Wie ich hörte, sind inzwischen (Ende 2016) wieder Einzelreisen erlaubt.
Grüne Grenze zwischen Malawi (drüben, wo das Fahrrad steht) und Mozambique (hier). Solange man nicht tiefer ins Land eindringt, sondern zurückkehrt, hat man normalerweise keine Probleme. Aber Vorsicht: Im Grenzgebiet zu Mozambique gibt es noch viele Landminen.
Die Einreise in ein Land über die Grüne Grenze ist (für EU-Bürger außerhalb der EU) keine gute Idee, egal ob das Land visumpflichtig ist oder nicht. Denn man benötigt ja zumindest den Einreisestempel. Wenn der fehlt, muss man sich ab diesem Moment auch an allen weiteren Grenzposten vorbeischleichen, denn ohne Einreisestempel gibt es bei der Ausreise Probleme. Und ohne Ausreisestempel normalerweise auch nicht im nächsten Land den Einreisestempel. Davon abgesehen gibt es in vielen Ländern alle naslang Check Points auf den Straßen, an denen der Pass ebenfalls kontrolliert werden kann.
Rigide bezüglich der korrekten Einreise ist beispielsweise Äthiopien. 1998 habe ich einen Franzosen getroffen, der mit einem gültigen Äthiopien-Visum von Djibouti aus durch die Wüste einreiste. Im ersten Ort, den er sah, meldete er sich bei der Polizei. So ist das auch eigentlich üblich im dünnbesiedelten Afrika. Doch die Polizisten gaben ihm umgehend eine Freifahrt ins 600 Kilometer entfernte Addis Abeba, wo er eine Woche im Gefängnis zubrachte. - In den vergangenen Jahren haben mehrere Reisende, die von Kenia über die Grüne Grenze nach Äthiopien einreisten, ihren Heimflug aus Addis Abeba verpasst, weil es bei der Ausreise am Flughafen zu langwierigen Komplikationen kam. Sie mussten dann ein neues Flugticket kaufen.
Hier noch der Link auf eine sehr hilfreiche und übersichtliche Seite, die auflistet, welche diplomatischen Vertretungen in welchen Ländern zu finden sind: