Fahrrad gestohlen

(Argentinien)

4.2.2016 - San Ignacio Miní (58093 km)

Fahrrad gestohlen

San Ignacio Miní, 4.2.2016

Liebe Freundinnen und Freunde von Lemlem,

in einem kleinen Ort in Nordargentinien ist heute Nacht mein treues Patria-Reiserad gestohlen worden.

Das ist auf meiner Weltumradlung natürlich ein Ereignis nahe am GAU. Ich weiß noch nicht, wie es jetzt weitergeht.

Werde Euch auf dem Laufenden halten.

Grüße - Peter

 


 Wo ist der Maks?

 

San Ignacio Miní, 6.2.2016

Liebe Lemlem-Freunde,

habt Dank für die vielen Rückmeldungen, den Trost und die Ideen, wie es weitergehen könnte.

Allgemeiner Tenor: nur jetzt nicht aufgeben! -- Ich habe kurz daran gedacht.

Sehr berührt hat mich auch, dass gleich mehrere von Euch angeboten haben, die eigenen Reiseräder für die Weiterfahrt zur Verfügung zu stellen.

Vielfach kam das Angebot, eine Spendenaktion für ein neues Fahrrad zu starten - auch dafür ganz herzlichen Dank! Ich möchte das vermeiden, will jedoch nicht ausschließen, dass ich darauf zurückkomme.

Aber ich kann aus San Ignacio nicht einfach so aufbrechen und das liebgewonnene Fahrrad und den Maks zurücklassen. Wobei natürlich nicht klar ist, ob die beiden noch in der Nähe sind. Anzeige bei der Polizei ist erstattet, ich habe versucht, so viel Aufsehen zu erregen wie möglich. Lokale Zeitung und Radio gibt es hier nicht. Die Leute haben eine Facebook-Aktion gestartet. Ich versuche außerdem, einen Artikel in die Zeitung in der 60 Kilometer entfernten Stadt Posadas zu bringen.

In San Ignacio können die Leute nur ungefähr erahnen, was das Fahrrad für mich bedeutet. Die Dimension einer solchen Reise / Expedition ist in der Provinz schwer zu vermitteln. Carlos, der Polizist, der die Anzeige aufgenommen hat, wirkte einigermaßen betroffen und will das Fahrrad unbedingt finden. Seine Möglichkeiten sind freilich begrenzt. Er kann ja nicht einfach alle Häuser durchsuchen. Und dummerweise gehen gerade die Karnevalsfeiern los, so dass ihn bald andere Aufgaben einholen könnten.

Weiterhin ist also offen, wann und wie es weitergeht.

Grüße aus Argentinien - Peter

 


San Ignacio Miní, 11.2.2016

Liebe Lemlem-Freundinnen und -Freunde,

"Alles hat seinen Sinn, selbst wenn es erst einmal wie ein Unglück aussieht."

Auch das haben gleich mehrere von Euch geschrieben. Weltenbummler Hardy Fiebig aus Köln meinte: "Vielleicht lernst Du dadurch ja die Liebe Deines Lebens kennen!" (Ist hier in San Ignacio bisher nicht passiert.) "Oder vielleicht entgehst Du dadurch einem schlimmeren Ereignis."

In diese Richtung gingen schon öfter im Leben meine Gedanken. Man sagt gern: "Wäre ich doch nur eine Minute später aus dem Haus gegangen - dann hätte mich das Auto nicht angefahren." Aber man sagt nie: "Wäre ich eine Minute schneller in der Bank bedient worden, hätte mich vielleicht ein Gangster überfallen."

Genug philosophiert. Die nackten Tatsachen:

Das Fahrrad ist weg, und es wird nicht mehr auftauchen. Trotz des Lärms, den ich gemacht habe, trotz der Belohnung, die ich ausgesetzt habe. Nach zehn Tagen erweist sich San Ignacio als ein weiterhin verschlafener Ort. Aber er ist irgendwie auch finster. Die Leute sind nicht unbedingt fremdenfeindlich, doch sie halten zusammen. Einen Dieb in ihren Reihen akzeptieren sie eher, als dass sie einen der Ihren ausliefern würden. Carina, die direkt nach dem Diebstahl einen Facebook-Rundruf durch San Ignacio absetzte, möchte lieber nicht mit einem weiteren Rundruf nachsetzen. Ihre Bedenken: "Ich habe einen kleinen Sohn."

Die Polizei ist so träge wie der vorbeifließende Paraná-Fluss. Am Anfang hoffte ich noch auf das Engagement des Polizisten Carlos. Inzwischen fühle ich mich eher von seinem schmierigen Chef ausgelacht, weil ich so lange hier warte und doch tatsächlich glaube, das Fahrrad könnte noch auftauchen. Die Polizei hat sechs Tage gebraucht, bis sie mir auf einem Blatt Papier meine Anzeige bestätigen konnte.

Ich muss nun langsam überlegen, wie ich zu meinem Schiff in Itaguai bei Rio de Janeiro komme. Für ein Ersatzfahrrad aus Deutschland ist es hier in Südamerika zu spät. Aber die Firmen Patria, Rohloff und Wilfried Schmidt Maschinenbau (SON) haben ihre großzügige Unterstützung zugesagt - sie bauen ein neues Fahrrad auf, das wir dann nur noch irgendwie nach Kapstadt bringen müssen.

Spontan hatte ich am vergangenen Donnerstag daran gedacht, die Reise nach drei Jahren hier zu beenden. Ihr habt mir viel Mut zugesprochen, die Weltumradlung fortzusetzen. Und was ich mir trotz dieses miesen Erlebnisses auch nicht kaputtmachen lassen möchte: das Vertrauen in die Menschen um mich herum. Besonders in Chile und in Argentinien habe ich so offene, herzliche und ehrliche Bewohner kennengelernt, dass es schade wäre, diese gute Erinnerung nicht zu bewahren. Wenn man nur noch mit 100 Prozent Misstrauen durch die Welt geht, dann bleibt man besser zu Hause.

Bis bald - Peter

 
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